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  • AutorenbildSabine Hulsebosch

Ich bin keine Hundeflüsterin…

Aktualisiert: 24. Aug. 2020



… bestenfalls eine Menschenflüsterin. Hundetrainer arbeiten bekanntlich mit dem anderen Ende der Leine. Egal, wo es in der Mensch-Hunde Beziehung gerade hakt. Egal, welches „Päckchen“ der Hund mitbringt. Egal, wenn eigentlich die anderen „schuld“ sind weil wir nicht alleine auf diesem Globus leben und es immer wieder zu Schwierigkeiten in der Begegnung mit Artgenossen kommt, die man vielleicht im Training einplanen kann, im echten Leben aber eben nicht.

Ändere dich. Dann ändert sich dein Hund.

Wir können das hündische Verhalten nur ändern, indem wir an Deinem Verhalten arbeiten. Und dabei sind wir auf Deinen Einsatz, Dein Engagement und Dein Verantwortungsgefühl angewiesen. Unsere Aufgabe ist es, Dich von unserer Herangehensweise zu überzeugen, Dich zu motivieren, unser Training an Deine individuellen Voraussetzungen anzupassen und eng an Dir dran zu bleiben, wenn der Trainingserfolg sich womöglich später einstellt als in der Martin Rütter Show.

Motivation im Hundetraining ist Voraussetzung für Erfolg

Allem voran: Ich liebe und lebe meine Arbeit mit Menschen und ihren Hunden. Die Zusammenarbeit ist nicht immer einfach, oft sind meine Kunden bereits bei anderen Trainern gewesen und konnten nicht umsetzen, was hier zu vermitteln versucht wurde. Diese Kunden glauben dann, neben einer großen Verzweiflung und dem Gefühl von Hilflosigkeit, nicht mehr wirklich daran, dass ihr Problem gelöst werden kann. Umso mehr wertschätze ich den erneuten Anlauf in eine Hundeschule, den sie nehmen, wenn schon vieles erfolglos probiert und viel Geld gezahlt wurde.

Wiedergewonnene Freiheit des Hundes ist Lebensqualität auch für Dich

Aber es ist wunderbar miterleben zu dürfen, wenn sich Probleme Schritt für Schritt auflösen. Wenn Hunde am Leben ihrer Halter teilhaben dürfen, weil sie wieder gesellschaftsfähig sind und dem entgegenkommenden Radfahrer nicht vom Fahrrad zerren. Weil sie mit in den Urlaub dürfen, weil sie auch längere Autofahrten stressfrei vertragen. Weil Frauchen wieder zum Sport kann, weil der Hund gelernt hat, stundenweise angstfrei und ohne zu bellen alleine zu bleiben. Weil entspannte Spaziergänge wieder möglich sind weil der Hund nicht alles ankläfft, was ihm entgegenkommt. Weil Hunde wieder ableinbar sind, weil sie abrufbar sind, weil sie entgegenkommende Hunde nicht mehr fressen. Weil sie nicht mehr Wild jagen, sondern den Futterbeutel oder das versteckte Balli.

Das sind meine ganz persönlichen Highlights als Hundetrainer. Mensch und Hund wieder frei und doch eng verbunden zu sehen. Und die Augen des Halters dabei glänzen. Die ein oder andere Träne ist in meinen Trainingsstunden schon geflossen. Aus Freude, aus Erleichterung und aus Liebe zum Hund, der aus der Isolation heraus in ein aufregendes, reizvolles und artgerechtes Leben an der Seite seines Menschen entlassen werden kann.

Lernen findet vor allem im echten Leben, unbewusst und ohne Hundetrainer statt

Natürlich ist mir bewusst, dass die paar Lektionen Hundeschule nur wegweisend sein können. Üben und trainieren muss jedes Mensch -Hunde Team für sich auf den täglichen Spaziergängen. Schwer tue ich mich mit Sätzen wie: «Ach, die letzten Wochen waren so voller Termine und stressig, wir hatten keine Zeit zum Üben.» Ich frage dann, ob der Hund kein Kaki draußen machte musste die ganze Zeit über. Warum? Ganz einfach: sobald ich mit meinem Hund draussen unterwegs bin, IST DAS EINE KLASSISCHE ÜBUNGSSITUATION. Dafür benötige ich weder einen Hundetrainer, einen Hundeplatz, eine Hundehalle noch eine andere künstliche Biosphäre.

Nach über 15 Jahren arbeiten als Hundetrainer bin ich in der Realität angekommen und muss mir eingestehen, dass ich nur sehr begrenzt Einfluss auf das habe, was ausserhalb der Hundeschule abläuft. Wenn der Mensch nicht von sich aus motiviert ist, aus seinem Hund einen freudigen, gerne mitarbeitenden, gehorsamen und angenehmen Begleiter seiner Seite zu machen, bin auch ich machtlos (und demotiviert).

Reiche dem Hund die Hand

Die Ansprüche an unsere Hunde in dieser Zeit sind enorm. Alles soll er können, machen, vorzeigen, nicht zeigen, bleiben lassen oder gar nicht erst tun. Im Gegensatz dazu erlebe ich leider auch immer wieder Halter, die nur wenig bemüht und bestrebt sind, ihrem Hund das auch beizubringen, was sie von ihm erwarten. Sie möchten lieber von ihrem Vierbeiner „geliebt“ werden und gönnen dem Hund alle Freiheiten der Welt. Der Hund werde es ihnen „danken“. Dabei brauchen Hunde in erster Linie neben hündischem Wissen und Verständnis vor allem eine freundliche, klare Führung, um sich an der Seite ihres Menschen gut zu fühlen. Unser Hund braucht vor allem unsere Hand, an der er sich in unserer komplexen Umwelt sicher orientieren und in ihr bewegen kann.


Klassiker aus dem wahren Leben einer Hundetrainerin: Beispiel Hundebegegnung

In meinen Gruppenstunden erkläre ich, warum es wichtig ist, angeleinte Hunde nicht aneinander schnuppern zu lassen. Schlimmes Leinenwirrwarr und böse Beißereien können die Folge sein, wenn die Leinen sich ineinander verheddern und sich (besondern unsichere) Hunde eingezwängt fühlen und nicht ausweichen können. Also üben und üben wir angemessene Begegnungen an der Leine. Im Hundetraining lernen Hunde, andere Hunde an der Leine sind tabu, weil bedeutungslos. Und wie schaut die Wirklichkeit aus? Nicht selten sehe ich „privat“, wie Kundenhunde andere Hunde an der Leine ausgiebig und auf Tuchfühlung begrüßen und anspringen dürfen.

Bällchen unkontrolliert jagen lassen macht dem Hund keinen Spaß sondern uns!

Oder der Klassiker Bällchen werfen… Wenn Bälle geworfen werden, bitte nur über ein Freisignal, oder noch besser anstatt werfen ist es, Bälle zu verstecken damit diese nicht gehetzt, sondern durch Nasenleistung gesucht und gefunden werden. Ich erläutere die Tonleiter rauf und runter alles zum Thema Frontalhirn und Frustrationstoleranz, Jagdverhalten, Reize aushalten lernen, sinnvoll beschäftigen, Suchaufgaben anstatt werfen, Leinenhandling, Signalkontrolle etc. Und wir üben, üben, üben… und was bleibt nicht selten? Ein hochgradig gestresster, hysterischer Hund, der fliegende Spielobjekte unkontrolliert hinterher jagt, Radfahrer anspringt, Jogger oder kleine rennende Kinder attackiert weil sein Mensch ihm das durch unkontrolliertes Ballspiel so beigebracht hat.

Wie der Hund nicht gerufen werden sollte

Oder, letztes Beispiel das Thema gelingende „Kommunikation“ mit dem Hund anhand des Rückrufs. „Gelungen“, weil das, was wir von unserem Hund wollen und ihm abverlangen, von ihm verstanden, akzeptiert und umgesetzt werden kann. Der Hund wird gerufen, weil sich ein anderer, unbekannter Hund nähert. Jetzt beginnt die ungünstige Kommunikation mit dem Hund: Er wird nicht, wie in den Trainingsstunden geübt, geübt und geübt… zeitig, freundlich und mit ruhiger, verbindlicher Stimme, sondern im letzten Moment, laut und hektisch mit zittriger Stimme und auf den Hund zulaufend zu uns gerufen mit dem unterschwellig mitschwingendem Gedankengut, das vom Hund registriert wird: „Ich weiss, dass du nicht kommst. Ich weiss, das du nicht kommst… ich weiß es!“

Gelerntes aus der Hundeschule in unseren Alltag umzusetzen ist die Kür

Hatte ich nicht in unzähligen Hundetrainingsstunden, die Tonleiter rauf und runter immer wieder zu erklären versucht, wie wichtig es beim Rückruf ist, in immer gleichem Tonfall mit einladender Stimme, vom Hund entfernend und entspannter Körperhaltung den Hund zu uns rufen auch wenn der gefährliche Kampfdackel in 30 Meter Entfernung schon die Säbel wetzt... ? Ja, habe ich. Aber es ist noch nicht im Frontal und Stammhirn angekommen, kognitiv noch nicht verstanden oder emotional akzeptiert oder einfach nur noch nicht praktisch angewandt worden.

Was bleibt zu sagen?

Ganz viel. Alle meine Teams, die mir Freude machen, die mir immer wieder zeigen, dass es auch anders geht da draussen. Menschen, die ihren Hunden Sicherheit und Halt geben. Die vielleicht momentan einen Weg gehen, der sehr anstrengend und ermüdend ist, weil sie ein Ziel vor Augen haben an dem sie zielorientiert arbeiten. All diesen Teams möchte ich meinen Dank, meinen Respekt und meine Freude aussprechen. Es geht nicht darum, dass alles klappen muss draussen und Du jede Situation im Griff hast. Habe ich selber auch nicht. Es geht darum, sich zu bemühen, dass es in eine gute Richtung geht; beharrlich, konsequent, freudig und vor allem rücksichtsvoll dem Hund, sich selber und der Umwelt gegenüber. Deshalb bin ich immer noch leidenschaftliche Hundetrainerin (nicht Hundeflüsterin)!

Und was bleibt zu hoffen? Dass Hunde wie immer ihrer Art entsprechend, großzügig und großherzig wie sie nun mal sind, uns unbelehrbare Menschen nicht übelnehmen, dass wir doch immer bloß noch ÜBEN, ÜBEN und ÜBEN … ;)




















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