Wer kennt das nicht: ein lauthals um sich keifender Hund, die Leine auf Anschlag. Er würgt und röchelt, er mimt den starken großen Macker und scheint außer sich vor Wut - und ist dabei ganz klein und hilflos und schlichtweg überfordert. Im Schlepptau sein Hundehalter, laut auf den Hund einschimpfend oder verzweifelt im Versuch, „beruhigend“ auf den Hund einzuwirken. Ein Bild, das sich so oft bietet, dass es eigentlich zum ganz normalen Alltagsrepertoire eines Hundebesitzers gehört und kaum ist man vorüber, ist das Schauspiel schon wieder vergessen. Für uns.
Nicht aber für die „Täter“. Jeder Spaziergang wird zum Spießrutenlauf, immer darauf gefasst, geradewegs der nächsten Gefahr in die Arme zu laufen. Vielleicht kehrst Du gerade von einem solchen Erlebnis zurück. Wut, Hilflosigkeit, Scham, Angst läuft Euch beiden voraus und werden zum ständigen Wegbegleiter. Und machen alles nur noch schlimmer. Dein Verhalten verstärkt den Hund in seinem Verhalten.
D weißt das aber kannst es nicht abstellen. Natürlich nicht. Wenn Du es könntest, hättest Du kein Problem. Du nicht und Dein geliebter Freund nicht. Denn er leidet, auch wenn es nicht so aussieht.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Von einer Leinenaggression spricht man, wenn ein Hund angeleint aggressiv gegenüber Artgenossen verhält, sich im Freilauf aber verträglich zeigt. Hunde haben vier Möglichkeiten, mit ihrer Angst umzugehen, und nur eine funktioniert an der Leine. Sie möchten flüchten, das wird jedoch durch die Leine verhindert. Sie erstarren, doch meistens wird der Hund durch den Besitzer weiter gezogen. Sie bieten eine Aufforderung zum Spiel an, um die Situation zu entschärfen - doch auch diese Möglichkeit ist an der kurzen, strammen Leine nur stark eingeschränkt möglich - oder sie reagieren mit aggressivem Verhalten. Und für letztere Strategie hat sich Dein Hund entschieden. Warum? Weil er damit Erfolg hat. Weil er so Distanz schafft.
Aggression ist die Antwort, nicht die Ursache
Diese gezeigte Aggression ist das Resultat eines Lernprozesses beim Hund. Er hat gelernt, Aggression lohnt sich. Entgegenkommende Hund-Halter-Teams weichen dem bellenden Gespann aus. Und das andere Ende der Leine mischt hier ordentlich mit. Indem es auf seinen Hund einschimpft. In dem Glauben, seinen Hund auf diese Weise zu betrafen. Der Hund empfängt aber eine ganz andere Botschaft: Mein Frauchen bellt mit, also mache ich wohl alles richtig!
Taucht ein anderer Hund auf, wird die Leine angezogen und kräftig an ihr geruckt. Wieder in dem Glauben, den Hund auf diese Art für sein Verhalten zu bestrafen. Tut man aber nicht. Was man stattdessen bewirkt: Immer wenn ein anderer Hund auftaucht, bekomme ich einen Ruck am Hals. Man nennt das negative Verknüpfung, oder Fehlverknüpfung.
Und wird beides gemacht, geschimpft und geruckt, lernt der Hund doppelt: Da kommt ein anderer Hund und Frauchen hat schlechte Laune und ich muss mich vor beiden fürchten.
Was passiert beim nächsten Mal? Der Hund ist doppelt verunsichert, da ihn nicht nur der andere Hund beunruhigt, sondern auch die schlechte Laune des Halters ängstigt - Stress dominiert und verhindert vernünftiges Handeln.
Ein Teufelskreis beginnt. Und Hund und Halter haben eine lange Karriere vor sich. Wenn nichts getan wird. Weil die Strategie sich immer weiter verfeinert und festigt.
In unserem Workshop „Leinentanz“ zeigen wir auf, wie Du zusammen mit Deinem Hund eine alternative Strategie entwickeln kannst. Hierbei geht es darum, bei Hundebegegnungen vorausschauend zu handeln. Wir zeigen Dir, wie Du Deinen Hund sicher und souverän führst, auch in brenzligen Situationen. Damit er sich geborgen fühlt. Damit die Leine nicht zum Fallstrick wird im ständigen Teufelskreis zwischen Dir und Deinem Vierbeiner, sondern Ausdruck einer harmonischen Verbindung.
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